Was ist im Hinblick auf die Nutzung sozialer Medien wichtig, zu wissen?
Seit dem unmenschlichen antisemitischen Terrorangriff der Hamas auf Zivilist*innen in Israel am 7. Oktober sind wir mit erschütternden Nachrichten und Bildern aus Israel und Palästina konfrontiert. Wir solidarisieren uns mit den zahlreichen zivilen Opfern und Betroffenen. Ein Ende der Gewalt ist nicht absehbar – weder vor Ort noch im öffentlichen (digitalen) Diskurs, wo inzwischen ein Informationskrieg herrscht. Durch die massive Verbreitung von Desinformation, verstörenden Inhalten aus dem Kriegsgebiet und undifferenzierten Darstellungen der Ereignisse werden sowohl Antisemitismus als auch antimuslimischer Rassismus befeuert und gefährden die Sicherheit weiterer Menschen. Auch in Deutschland, auf den Straßen wie im Netz, stehen sich unterschiedliche Perspektiven unversöhnlich gegenüber. Jüdische Menschen sind weltweit gefährdet und müssen geschützt werden. Der kürzlich versuchte Anschlag auf eine jüdische Gemeinde in Berlin zeigt: Diskurse werden sehr schnell zu einer existentiellen Bedrohung. Im Hinblick auf den öffentlichen Diskurs zu diesem Krieg plädieren wir für einen bewussten Konsum von Informationen, sachliche, differenzierte und respektvolle Diskussionen und Menschlichkeit im Umgang miteinander. Das umfasst auch die Ablehnung von Äußerungen, die israelisches und palästinensisches Leid sowie Antisemitismus und Antimuslimischen Rassismus gegeneinander ausspielen.
Was ist im Hinblick auf die Nutzung sozialer Medien wichtig, zu wissen?
- Nutzer*innen sozialer Netzwerke sind mit einer Vielzahl verstörender und ungefilterter Inhalte konfrontiert, die in ihrer Brutalität und Anzahl traumatisierend sein können und über Video-Plattformen wie TikTok auch für Kinder und Jugendliche zugänglich sind.
- Soziale Platformen wie Tiktok und insbesondere X (ehemals Twitter) haben ein massives Problem mit Desinformation in Form von z.B. veralteten Videos, unbestätigten Gerüchten und manipulierten Bildern über reichweitenstarke, aber nicht verifizierte Accounts. EU-Kommissar Thiery Breton drohte Elon Musk für X mit einem Ermittlungsverfahren im Rahmen des Digital Service Act. Auch andere Plattformbetreiber wurden ermahnt.
- Für die Verbreitung von (Falsch-)Nachrichten gibt es inzwischen finanzielle Anreize. Seit ein paar Monaten beteiligt X Creator User an Werbeeinnahmen. Es geht um eine große Reichweite, egal ob der Inhalt echt oder unecht ist. Die Reichweite von Propagandisten und Extremisten vergrößert sich. Privatpersonen teilen unverifizierte Inhalte.
- Auch KI spielt eine große Rolle in der Verbreitung von Des- und Misinformationen. Hier gilt die Regel: KI sind von Menschen gemacht und ebenfalls biased.
- Viele Informationen auf den sozialen Netzwerken sind verkürzt, unvollständig und aus dem Kontext gerissen. Ziel der Absender ist es, zu emotionalisieren und zu radikalisieren.
- Die erschütternden Ereignisse und ihre Instrumentalisierung im öffentlichen Diskurs mobilisieren. Viele haben das Gefühl, sich äußern oder gar handeln zu müssen, trotz mangelnder Expertise in einem äußerst komplexen Konflikt.
Diese Sammlung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Weitere Informationen kannst du den verlinkten Inhalten entnehmen.
Was du im Hinblick auf den öffentlichen Diskurs tun kannst?
- Wenn du von Hassinhalten und diskriminierung persönlich betroffen bist, suche dir Beratung und Unterstützung, wie z.B. bei Mobilen Beratungen (organisiert über den Bundesverband der mobilen Beratungen), Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, Antidiskriminierungsstellen, Kompetenznetzwerk gegen Hass im Netz, HateAid
- Melde antisemitische, rassistische, gewaltvolle Inhalte und jegliche Form von Hass, Propaganda und Desinformation, z.B. über Meldestelle Respekt!
- Schütze Kinder und Jugendliche vor den Inhalten! Empfehlungen zum Schutz und Umgang mit verstörenden Inhalten gibt es z.B. bei Klicksafe
- Empfehlungen für Pädagog*innen zum Umgang mit den Ereignissen bei Kindern und Jugendlichen findest du z.B. bei der Bildungsstätte Anne Frank, Kompetenznetzwerk Antisemitismus, Trialoge an Schulen mit Jouanna Hassoun & Shai Hoffmann
- Zum kritischen Umgang mit journalistischen Texten, die diskriminierende Rhetoriken reproduzieren, können die Neuen deutschen Medienmacher hilfreiche Tipps geben.
- Für die Erkennung antimuslimischer Rhetoriken empfehlen wir die CLAIM - Allianz gegen Islamfeindlichkeit und Muslimfeindlichkeit.
- Achte auf deine mentale Gesundheit, vermeide Doom-Scrolling in den sozialen Netzwerken. Meide kaum regulierte Plattformen wie z.B. X oder Telegram!
- Wenn du selbst Content teilst, überlege bitte, ob eine Content Warnung angebracht wäre. Dir könnten jüdische, israelische, palästinensische Menschen folgen, die retraumatisiert werden.
- Wenn du dich informieren möchtest, nutze verifizierte Quellen!
- Überlege, wozu du dich äußern musst und warum? Wenn du dich äußerst, bleibe sachlich und sprich nur über Inhalte, zu denen dir fundierte Informationen vorliegen!
- Teile keine Informationen von Accounts, die nicht vertrauenswürdig sind!
- Gehe respektvoll mit anderen Menschen um, auch wenn du anderer Meinung bist!
- Bilde dich weiter zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, damit du die Dynamiken in (Online-) Diskursen besser einschätzen kannst!
- Informiert euch über die verschiedenen Seiten und politischen Zusammenhänge des Konfliktes, um euch eine differenzierte Meinung bilden zu können!
- Spende für humanitäre Organisationen, die sich um die Menschen vor Ort kümmern!
Wir beobachten den Online-Diskurs und verschaffen uns einen Überblick über Hassdynamiken im Netz sowie Unterstützungsangebote für Betroffene und Akteur*innen der demokratischen Bildung.
Hanna Gleiß & Nadine Brömme
Geschäftsführerinnen Das NETTZ
Nadine Brömme
(sie/ihr) Co-Gründerin / Co-Geschäftsführerin