Portrait #ichbinhier auf "Das NETTZ"
Der Verein will durch verschiedenste Maßnahmen die Menschen für das Thema Hass im Netz sensibilisieren und sie darin bestärken, gegen Hate Speech vorzugehen. Die Facebook-Gruppe #ichbinhier engagiert sich als überparteiliche Aktionsgruppe für eine bessere Diskussionskultur und gegen Hetze in den Sozialen Medien. Gemeinsam setzen sich bereits über 37.000 Menschen für Fakten, Mut und Freundlichkeit und gegen Gerüchte, Angst und Hass ein. Bei “Aktionen” werden #ichbinhier-Mitglieder durch einen Link in Facebook-Kommentarspalten geleitet, die Hassrede enthalten. Nicht nur durch das Benennen von Hassrede durch Gegenrede sondern vor allem durch positive, konstruktive und faktischen Beiträge, gekennzeichnet mit dem Hashtag #ichbinhier und gegenseitiges Liken anderer #ichbinhier-Kommentare tragen sie zu einer besseren Diskussionskultur bei.
Was ist eure Motivation für #ichbinhier?
Wenn man Hatern das Feld überlässt, entsteht schnell der Eindruck in den Kommentarspalten, dass sie eine Mehrheitsmeinung vertreten. Durch unsere Kommentare möchten wir aber nicht nur Counterspeech praktizieren und Hassrede als solche benennen, sondern auch in den Dialog treten, verschiedene Perspektiven zu aktuellen Themen aufzeigen. Auch möchten wir damit die „stillen Mitleser“ erreichen. In Zeiten, in denen Populisten immer stärker werden, gehen wir somit gegen ein schwarz-weißes Meinungsbild vor und zeigen auf, dass die Antworten auf gesellschaftliche Fragen oftmals vielfältig sind.
Was umtreibt Euch derzeit im Punkt Hate Speech?Wir sind uns dessen bewusst, dass Hassrede im Netz die Folge einer gesellschaftlichen Fehlentwicklung ist und wir hier nicht ausschließlich mit einen Netzphänomenen konfrontiert sind.
Vielmehr muss in vielen gesellschaftlichen Bereichen ansetzen, um Lösungen zu schaffen, wie mit diesem komplexen Problem umgegangen werden kann.
Hier ist die Frage, inwieweit und wo überall #ichbinhier tätig werden kann. Wir diskutieren Maßnahmen für eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit oder auch die Entwicklung von Bildungsmodulen für Schulen, Universitäten und Events zum Thema.
Die Facebook-Gruppe ist stark gewachsen und zählt mittlerweile über 37.000 Mitglieder. Wie geht Ihr dagegen vor, dass sich nicht auch Hater darunter mischen und die Gruppe, oder entsprechende Aktionen – etwa durch Kapern des Hashtags – torpedieren?
Unsere Mitglieder weisen uns bzw. dann in der Kommentarspalte auf den Missbrauch des Hashtags hin. In so einem Fall bedanken wir uns höflich für die „Werbung“, erklären aber schnell, warum diese Meinung nicht zum # passt. Bisher wurden unsere Aktionen so nie torpediert. Unsere Kommentare sprechen für sich und sind leicht von Hasskommentaren, ob nun mit oder ohne #, unterscheidbar.
Die Initiative funktioniert nur, wenn genügend Leute mitmachen. Glaubt Ihr, dass dieses Engagement anhält? Habt Ihr Ideen oder Strategien, das Engagement nachhaltig aufrecht zu erhalten?
Aktuell haben wir in unseren Aktionen über 350 aktive Kommentator*innen. Die Gruppe wächst stetig. Solange es Populisten gibt, wird es immer wieder Gelegenheiten geben, zu differenzieren. Das ist ein Standbein. Im August haben wir einen Verein komplementär zu unserer Initiative gegründet. Mittlerweile haben wir rund 100 Mitglieder. Ende Oktober werden wir in Berlin einen Moderatorenworkshop abhalten, auf dem wir konkret künftige Projekte planen, die über den Verein organisiert werden können. Hier wird auch die Facebook-Gruppe miteinbezogen. Wir beobachten, dass viele unserer aktiven Mitstreiter sich auch gern im Verein einbringen möchten.
Ihr grenzt Euch klar davon ab, selbst eine Diskussionsgruppe zu sein. Wo kann Eure Community Inhalte diskutieren, die sich um die Gruppe an sich oder auch das Thema Hassrede im Netz allgemein drehen?
Wir bieten ein wöchentliches Diskussionsformat an, dreimal Sonntags, einmal Montags. Die Themen werden aus der Gruppe vorgeschlagen und über Abstimmungen entschieden.
Gebt Ihr Eurer Community konkrete Hilfestellungen an die Hand, wie man mit Hate Speech umgehen kann?
Veröffentlichungen zu diesem Thema sind genau solche Projekte, die wir künftig über den Verein realisieren möchten. Ansonsten veröffentlichen wir über unsere #ichbinhier-Infoseite oft Informationen, Artikel, kurze Videos dazu.
Welchen Beitrag kann Vernetzung im Umgang mit Hate Speech leisten?
Sie kann Sichtbarkeit für unterschiedliche Initiativen schaffen bzw. eine Gewichtigung für bestimmte Aspekte des Themas erreichen.
Wenn Ihr Euch ein Tool gegen Hassrede im Netz wünschen könntest, welches wäre das?
Ein Tool, das verhindert, dass Bots ihren Weg in die Kommentarspalten finden.
Das Interview führte das NETTZ mit #ichbinhier.