Offener Brief: Eine unterfinanzierte Zivilgesellschaft gefährdet die Demokratie

Die derzeitige Ausgabensperre für 2024 der Bundesregierung verhindert die Auszahlung zugesagter Förderungen. Für uns als Organisationen der Zivilgesellschaft hat das dramatische Folgen: Viele der vom Bund geförderten Demokratieprojekte werden Mitarbeitende entlassen müssen. In einigen Fällen werden über Jahre gewachsene Projekte für immer ihre Türen schließen. In diesem offenen Brief stellen wir unsere dringlichen Forderungen vor. 
 

Der Grund dafür ist die Ausgabensperre und der noch nicht verabschiedete Haushalt 2024 der Bundesregierung, die die Auszahlung der zugesagten Förderungen für die Projekte bis auf weiteres auf Eis legt. Viele der Projekte haben nicht die Ressourcen, um Gehälter vorzufinanzieren. 

Es droht das Sterben einer zivilgesellschaftlichen Landschaft, die sich seit Jahren überall in diesem Land für die Stärkung und Verteidigung der Demokratie, die Förderung von Medienbildung und Medienkompetenz, für Vielfalt sowie gegen digitale Gewalt und Desinformation engagiert. Dabei ist unsere Demokratie so stark bedroht wie noch nie – durch den Rechtsextremismus, durch die Vertrauenskrise, durch Antisemitismus, Islamismus, Rassismus, Antiziganismus und Queerfeindlichkeit sowie durch Angriffe auf Amts- und Mandatsträger und -trägerinnen.

Gefährdet sind die Arbeitsplätze, die bei anhaltendem Stopp der Bewilligung von Anträgen, der Weigerung Mittel zuzuweisen und der sowieso fehlenden strukturellen Förderung nicht gehalten werden können. Menschen, die sich mit großem Engagement, viel Wissen und Mut engagieren, werden ihren Arbeitsplatz verlieren und damit ist die inhaltliche und praktische Umsetzung der Arbeit nicht mehr möglich.

Wir brauchen jetzt die sofortige Freigabe der Fördermittel. Nur so kann die Weiterarbeit der zivilgesellschaftlichen Organisationen gesichert werden.

Und nur so können unsere Organisationen sich gegen die Vertrauenskrise vieler Menschen in den demokratischen Staat, für rechtsstaatliche Antworten auf die aktuellen Krisen, nicht zuletzt auch für eine klare Abgrenzung gegenüber rechtsextremen Tendenzen, die sich in der Mitte der Gesellschaft ausbreiten, einsetzen. Eine Bewilligung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn reicht nicht aus, da die eigenen Mittel der Vereine und Institutionen zu beschränkt sind, um auf eigene Kosten mit der Umsetzung der Projekte zu beginnen. 

Wir fordern

• Aufhebung der Ausgabensperre für die Fördermittel der zivilgesellschaftlichen Organisationen, in Bezug auf Projekte, die im Haushaltsentwurf angelegt sind,
• die zügige Umsetzung des seit über zehn Jahren immer wieder angekündigten Demokratiefördergesetzes, 
• stärkere und dauerhafte strukturelle Förderung und mehr Durchlässigkeit bei der Förderung, 
• keine Einsparung bei der Förderung und Finanzierung aller Projekte und Institutionen, die sich für unsere liberale Demokratie einsetzen. 

Der Gestaltungsspielraum für zivilgesellschaftliche Arbeit darf nicht weiter eingeschränkt werden, sondern muss gerade in diesen Zeiten stärker ausgebaut werden, um unser demokratisches Gemeinwesen zukunftsfähig gestalten zu können. 

Erstunterzeichner*innen 

1. adis e. V. 
2. Akademie Waldschlösschen - Stiftung Rainer Marbach und Ulli Klaum
3. Amadeu Antonio Stiftung
4. Antidiskriminierungsforum Saar e. V.
5. Antidiskriminierungsverband Deutschland e. V.
6. Annette Joggerst, Antidiskriminierungsberaterin
7. basis & woge e. V.
8. betterplace lab 
9. betterplace.org 
10. BfDA Stuttgart 
11. bUm – Raum für solidarisches Miteinander
12. Bundesarbeitsgemeinschaft „Ausstieg zum Einstieg“ e. V. 
13. Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus
14. Bundesarbeitsgemeinschaft religiös begründeter Extremismus e. V. 
15. CLAIM 
16. Courage - Werkstatt für demokratische Bildungsarbeit e.V. (NDC in Sachsen) 
17. Cultures Interactive e. V.
18. Dachverband der Migrant*innenorganisationen in Ostdeutschland e.V. - DaMOst e.V.
19. Das NETTZ
20. Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V. (DeGeDe)
21. Deutsches Kinderhilfswerk e. V. 
22. Distanz e.V.
23. Each One Teach One e. V. 
24. elly - Beratung für Betroffene von Hatespeech in Thüringen 
25. Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW
26. Fachstelle Kinderwelten für Vorurteilsbewusste Bildung/ ISTA/ INA Berlin gGmbH
27. FITT - Institut für Technologietransfer an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes gem. GmbH
28. Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur
29. Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland e. V.
30. gut.org gAG
31. HateAid
32. Hildegard Lagrenne Stiftung für Bildung, Beteiligung und Inklusion von Sinti und Roma in Deutschland
33. Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit (IDA e. V.)
34. Initiative Offene Gesellschaft e. V.
35. Jugendbildungsstätte LidiceHaus gGmbH
36. korientation. Netzwerk für Asiatisch-Deutsche Perspektiven e. V.
37. Landesarbeitsgemeinschaft Offene Jugendbildung Baden-Württemberg e. V.
38. Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)
39. Miteinander - Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt e. V.
40. mitMachen e. V.
41. Modus | Zentrum für angewandte Deradikalisierungsforschung gGmbH
42. Mosaik Deutschland e. V. 
43. Nava Zarabian - Politische Bildnerin
44. Neue deutsche Medienmacher*innen e. V.
45. neue deutsche organisationen – das postmigrantische netzwerk e. V.
46. Netzwerk für Demokratie und Courage e.V. (NDC)
47. Opferberatung Rheinland (OBR)
48. Opferperspektive e. V.
49. Schwulenberatung Berlin gGmbH
50. Türkische Gemeinde in Deutschland e. V.
51. Ufuq e. V.
52. Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG e. V.)
53. Verein für Demokratische Kultur in Berlin (VDK) e. V., Träger der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR)
54. Violence Prevention Network gGmbH
55. Volksverpetzer VVP gUG
56. Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e.V.

Weitere Unterzeichner*innen

57. Start with a Friend e. V.
58. Zeitgeist e. V.
59. Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein e. V.
60. Spiegelbild - Politische Bildung aus Wiesbaden e. V.
61. Kompetenznetz Islam und Gesellschaft e. V.
62. ​​medienblau gGmbH
63. Seitenstark e. V.
64. Wertzeug e. V. - Verein für Demokratiebildung
65. International Rescue Committee IRC Deutschland gGmbH
66. ichbinhier e. V.
67. Future Challenges e. V.
68. Drudel 11 e. V.
69. Minor – Projektkontor für Bildung und Forschung
70. Institut für Demokratiepolitik & Organisationsberatung
71. GePGeMi e. V.
72. Spiegelbild- Politische Bildung aus Wiesbaden e. V.
73. Über den Tellerrand e. V.
74. BIWOC* Rising
75. Blinde Kuh e. V.
76. Deutsches Kinder- und Jugendfilmzentrum (KJF)
77. AGABY e.V.
78. BEFORE e.V.
79. Schöpflin Stiftung 
80. Frithjof Nürnberger, Referent Ehrenamtsentwicklung Nordkirche, Evangelischer Kirchenkreis Pommern
81. LAG Lokale Medienarbeit NRW e. V.
82. medialepfade.org - Verein für Medienbildung e. V.
83. Pinkstinks Germany e. V.
84. La Red e. V.
85. Korea-Verband e.V. 
86. JFF - Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis
87. DJV – Deutscher Journalisten-Verband e.V.
88. IFAK e.V -Verein für multikulturelle Kinder-und Jugendhilfe-Migrationsarbeit
89. MitOst e. V.
90. Amaro Foro e. V. 
91. jobs4refugees gGmbH
92. Es geht LOS/Demokratie Innovation e. V.
93. Muutos e. V.
94. PHINEO gAG
95. WE AID gGmbH
96. Medienkulturzentrum Dresden e. V.
97. Integrationshaus e. V.
98. n-ost - border crossing journalism e.V.
99. ZEOK e. V.
100. Berlin Governance Platform gGmbH
101. FrauenComputerZentrumBerlin e.V.

Wenn ihr unser Anliegen unterstützt, dann meldet euch bei uns, um den Brief zu unterzeichnen über: info@das-nettz.de