Forschung

Neuer Trendreport: Wie Rechtsalternative mit YouTube ein reichweitenstarkes Netzwerk bauen

Weißer Schriftzug "Video Made the Radical Star, Digitale Clips zwischen Agitation und Empörung" auf aerodynamischem, gelben Hintergrund, Roter Laser als Designelement
© BAG »Gegen Hass im Netz«

Die BAG »Gegen Hass im Netz« – ein Projekt von Das NETTZ –  hat eine neue Ausgabe von Machine Against the Rage veröffentlicht:  Die neue Analyse untersucht wie rechtsalternative Akteure mit crossmedialen Strategien ihre Inhalte vom politischen Rand in den Mainstream bringen. Dafür spielt YouTube eine herausragende Rolle. 

187.570.385: So viele Aufrufe sammelte der Kanal »CompactTV« auf YouTube, bevor das dazugehörige Magazin am 16. Juli von der Innenministerin verboten wurde. Der Fall zeigt: Rechtsextreme Inhalte erreichen längst ein Massenpublikum. YouTube ist die wichtigste Plattform für bewegte Bilder im digitalen Mainstream – und immer mehr auch für das rechtsalternative Lager. Deshalb widmet sich die Fokus-Analyse im aktuellen Trendreport der Frage, wie und wofür rechtsextreme, verschwörungsideologische und esoterische Akteure die Videoplattform nutzen. 

Vom politischen Rand in den Mainstream

Eins der Ergebnisse: »YouTube spielt eine große Rolle, um extreme Narrative aus den politischen Katakomben ans Licht des digitalen Mainstreams zu bringen. Die Plattform ist ein Ort, an dem Grenzen überwunden werden: zwischen politisch und unpolitisch, zwischen Rand und Mitte der Gesellschaft – und zwischen den unterschiedlichen Milieus im rechtsalternativen Spektrum«, sagt Maik Fielitz von der BAG »Gegen Hass im Netz«. 

Kollaboration als Strategie

Die Kollaboration unterschiedlicher Akteure aus den rechtsalternativen Szenen ist dabei ein wichtiges Werkzeug. Das können die Forscher mit Hilfe innovativer Methoden und KI-unterstützer Auswertung der YouTube-Videos nachweisen. Netzwerkforscher Harald Sick erklärt: »Durch gegenseitige Einladungen und gemeinsame Videos gelangen Zuschauer*innen über wenige Knotenpunkte und verschiedene Wege zu Videos mit anderer ideologischer Färbung. So kann beispielsweise eine Person, die sich eigentlich für Esoterik interessiert, über selbsternannte Life-Coaches schnell im verschwörungsideologischen Bereich landen. Sieht sie dann noch etwa ein Interview mit dem Corona-Maßnahmen-Kritiker Gunnar Kaiser und klickt sich durch seine Videos, ist der Weg in rechtsextreme Gefilde rund um CompactTV nicht mehr weit.«

Reichweite durch crossmediale Netzwerke

In der öffentlichen Debatte stand oft der Empfehlungsalgorithmus von YouTube als möglicher Grund für radikalisierten Videokonsum im Fokus. Allerdings zeigt die Studie der BAG »Gegen Hass im Netz«, dass dieser durch etablierte Netzwerke in der plattformübergreifenden Kommunikation effektiv umgangen werden kann. Wenn YouTube etwa mit sogenanntem Shadow-Banning versucht, die Reichweite bedenklicher Inhalte einzuschränken, können die Akteure Messengerdienste wie Telegram nutzen, um ihre YouTube-Videos zu bewerben. »Es ist also weniger YouTubes Algorithmus, der rechtsextreme Narrative in den Mainstream spült, als vielmehr ein mühsam aufgebautes Kommunikationsnetzwerk extremistischer Kräfte«, sagt Sick. Besonders mit Blick auf die kommenden Wahlen gilt es diesen Aspekt nicht zu unterschätzen. 

Löschungen durch YouTube sinken stark

Löschen ist eine weitere Maßnahme, um die Reichweite extremer Kräfte auf YouTube einzuschränken. Die Analyse gibt auch Einblicke dazu, wie sich das Löschverhalten von YouTube bei den untersuchten und von Telegram verlinkten Videos entwickelte. Die Löschungen durch die Plattform haben über die Zeit stark nachlassen, was die Forscher insbesondere an einem geänderten Moderationsverhalten nach der Pandemie festmachen. 

Außerdem: Sylt-Video

Neben YouTube blicken die Forschenden unter anderem auf die Verbreitung und rassistische Kaperung des Dance-Hits »L’Amour Toujours«, die durch ein Urlaubsvideo aus Sylt große Aufmerksamkeit erregte – und fragen, welche Rolle moralische Panik in der Debatte spielt.

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Über die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) »Gegen Hass im Netz«

Die BAG ist ein Projekt von DAS NETTZ – VERNETZUNGSSTELLE GEGEN HATE SPEECH und wird im Rahmen des BUNDESPROGRAMMS »DEMOKRATIE LEBEN!« vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Die Veröffentlichung stellt keine Meinungsäußerung des BMFSFJ, des BAFzA oder anderer Förderpartner*innen dar. Für inhaltliche Aussagen tragen die Autor*innen die Verantwortung.

 

Foto Elisabeth Weidinger
Autor*in

Elisabeth Weidinger

(sie/ihr) Leiterin Kommunikation

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