Veranstaltung

NETTZ.Gespräch: „Wer lügt, gewinnt? Desinformation und die Bundestagswahl 2025”

NETTZ.Gespräch: „Wer lügt, gewinnt? – Desinformation und die Bundestagswahl 2025” mit Sophie Timmermann (CORRECTIV.Faktencheck) und Hannah Schimmele & Richard Schwenn (polisphere)
NETTZ.Gespräch: „Wer lügt, gewinnt? – Desinformation und die Bundestagswahl 2025” mit Sophie Timmermann (CORRECTIV.Faktencheck) und Hannah Schimmele & Richard Schwenn (polisphere)

Gezielte Desinformationskampagnen dominierten vor der Bundestagswahl 2025 den Wahlkampf in den sozialen Medien. Welche Auswirkungen diese Falschinformationen auf unsere Demokratie haben, wie wir die gängigsten Motive entlarven können und mit welchen Strategien wir auch nach der Bundestagswahl nachhaltig verhindern können, dass demokratiegefährdende Narrative weiter verbreitet werden, diskutierten wir bei unserem NETTZ.Gespräch kurz vor den Wahlen.

Laut einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom glaubten 88 Prozent der Wahlberechtigten in Deutschland, dass ausländische Regierungen oder Akteure versuchten, die Bundestagswahl in den sozialen Medien durch gezielte Desinformation – also die Verbreitung einer falschen oder irreführenden Nachricht mit der Intention zu schaden – zu beeinflussen. Etwa ein Drittel der Befragten gab an, bereits auf Falschmeldungen im Zusammenhang mit der Wahl gestoßen zu sein, während nur 37 Prozent Inhalte vor dem Teilen auch überprüften.

Im vergangenen NETTZ.Gespräch vor der Bundestagswahl 2025 diskutierten wir gemeinsam mit Sophie Timmermann, stellvertretende Leiterin bei CORRECTIV.Faktencheck sowie Hannah Schimmele, Desinformationsanalystin, und Richard Schwenn, Data & AI Coordinator bei polisphere, zu klassischen Merkmalen und Strategien von Falschinformation vor der Bundestagswahl. Wir fragten uns: Welche Auswirkungen haben Falschinformationen auf unsere Demokratie? Welche Narrative werden von wem vor der Bundestagswahl verbreitet? Und welche Handlungsmöglichkeiten haben wir in der Zivilgesellschaft?

 

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Gängige Narrative und Motive

Vor allem Vorwürfe von gestohlenen Wahlen und gefälschten Wahlzetteln seien gängige Motive der Wahl, so Sophie Timmermann. Deutschsprachige Desinformationsakteure seien zudem sehr stark miteinander vernetzt, so Richard Schwenn von polisphere, wo Desinformationstrends über einen langen Zeitraum gemonitort werden. Tatsächlich wollen auch ausländische Akteure vermehrt Einfluss auf die Bundestagswahl nehmen. Bekannte Beispiele für Desinformationskampagnen sind die russische Doppelgänger-Kampagne und Storm 1516

KI-generierte Desinformation

Unsere Expert*innen bewerteten auch die Rolle KI-generierter Desinformation: Nicht das eine KI-Material entscheide die Wahl; das Problem liege vielmehr in der viel zugänglicheren Verarbeitung von Sprache durch KI, wodurch in kürzester Zeit glaubhafte Inhalte produziert werden könnten. Dabei müssten diese Inhalte nicht einmal besonders gut sein, denn das Ziel von Desinformationskampagnen sei weniger, überzeugende Narrative zu kreieren, als ein manipulatives „Hintergrundrauschen” zu erzeugen. 

Auswirkungen von Desinformation auf die Demokratie

Ob und welchen Effekt Desinformation genau auf unsere Demokratie hat, sei schwer zu beantworten, gab Desinformationsanalystin Hannah Schimmele von polishphere zu bedenken. Vor allem der Einfluss auf die Bundestagswahl sei schwer messbar, weil sich Wahlentscheidungen nicht nur auf eine Ursache zurückführen ließen. Vielen Menschen falle es darüber hinaus schwer, Falschnachrichten richtig einzuschätzen. Wenn nicht mehr klar sei, was unsere Grundlage von Informationen ist, so bekräftigte Sophie Timmermann, erschwere das unsere Debattenkultur. 

Strategien gegen Desinformation 

Deshalb diskutierten wir auch die Rolle der Medien. Welcher Meldung erlauben wir, groß zu werden? Welchen Narrativen geben wir Macht? Tipps zur Sensibilisierung für Desinformation durch die Expert*innen – ob in analogen Austauschformaten, mithilfe von Prebunking-Kampagnen oder durch eine bessere Nachverfolgung der Urheber  von Desinformationskamagnen – rundeten das Gespräch ab. 

Auch in den Tagen nach der Bundestagswahl 2025 waren irreführende Behauptungen im Umlauf. Auch im Nachgang der Wahl können Falschinformationen verbreitet werden: So könnte von einem angeblichen Wahlbetrug oder einer fehlerhaften Stimmenauszählung die Rede sein. Gerade eine vorgezogene Wahl wie diese und dass die Wahlunterlagen des Bundes viele Wähler*innen im Ausland nicht rechtzeitig erreicht haben, können solche Narrative befeuern. Umso wichtiger ist es, schon vorab gängige Trends und Strategien zu entlarven, damit solche Narrative nicht verbreitet werden. Das kann durch Richtigstellungen wie bei CORRECTIV.Faktencheck oder durch Echtzeitmonitoring von politischen Diskursen in den sozialen Medien wie bei polisphere geschehen. 

Unsere Speaker*innen:

Sophie Timmermann ist stellvertretende Leiterin bei CORRECTIVFaktencheck, eine eigenständige Redaktion des gemeinnützigen Recherchezentrums CORRECTIV. Nach ihrem Abschluss in Internationale Beziehungen und Journalismus war Sophie zwischen 2017 und 2019 in Genf, mit Stationen bei den Vereinten Nationen und dem Internationalen Komitee des Roten Kreuz’. Später hospitierte sie beim Bayerischen Rundfunk, recherchierte für Bellingcat und forschte zum Anstieg von alternativen Medien in Großbritannien. Seit November 2021 arbeitet sie im Faktencheck-Team von Correctiv, seit Januar 2023 ist sie stellvertretende Leiterin des Teams.

Hannah Schimmele ist Projektmanagerin & Desinformationsanalystin bei polisphere, einem Beratungsnetzwerk, Ideenlabor und Navigator für den modernen Politikbetrieb. Hannah verantwortet bei polisphere den Bereich Desinformation und analysiert Desinformationskampagnen, Verschwörungserzählungen und Antisemitismus im digitalen Raum. Ihr Fokus liegt auf der Schnittstelle von Desinformation, Demokratie und Sicherheit und den Auswirkungen von nationalen und internationalen Desinformationsaktivitäten auf demokratische Diskurse. Zuvor hat sie Internationale Beziehungen mit Fokus auf Außen- und Sicherheitspolitik studiert.

Richard Schwenn ist Data & AI Coordinator bei polisphere und verantwortet den Bereich Quantitative Datenanalyse und Künstliche Intelligenz. Er beschäftigt sich mit der Gewinnung und Auswertung von quantitativen Daten, vor allem aus sozialen Medien, und den Entwicklungen rund um KI. Inhaltlich stehen insbesondere Desinformation, Informationsmanipulation und Verschwörungserzählungen im Fokus. Er hat Future Governance und Internationale Beziehungen studiert.

Das NETTZ.Gespräch ist eine Veranstaltung von Das NETTZ als Teil des Netzwerks gegen Hass im Netz und Desinformation – gefördert im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Für inhaltliche Aussagen und Meinungsäußerungen tragen die Publizierenden dieser Veröffentlichung die Verantwortung.

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Foto Lena-Maria Böswald
Autor*in

Lena-Maria Böswald

(sie/ihr) Senior Advocacy Managerin

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