Kunstprojekt aus Österreich im Portrait: "Tools of Subversion" von gold extra
Die österreichische Künstler*innengruppe gold extra produziert, kuratiert und initiiert Projekte in den Zwischenräumen von Bildender Kunst, Performance, Musik und Hybrid Media. Mit ihrem Projekt "Tools of Subversion" gewannen sie den NETTZ-Förderwettbewerb 2017.
Hanna Gleiß sprach mit Sonja Prlic, Mitgründerin von gold extra, freie Regisseurin, Dramaturgin und Autorin an Projekten zwischen Performance, Neuen Medien und Technologien.
Euer Projekt Tools of Subversion setzt sich künstlerisch mit Hate Speech auseinander. Wie kam es dazu?
Anlass zur Auseinandersetzung mit dem Thema Hate Speech waren unter anderem unsere Erfahrungen mit den Reaktionen auf unsere politischen Computerspiele. Wir haben uns in diesen Projekten mit den Themen Migration und Lebensrealitäten in Afrika beschäftigt und hatten immer wieder mit Hasskommentaren zu kämpfen.
Irgendwann ist man diesen Hass leid. Wir wollten gerne ein Kunstwerk schaffen, das eine Strategie eröffnet mit diesen Frustrationen umzugehen. Humor schien uns dabei ein geeignetes Mittel zu sein, wieder Mut zur Gegenrede zu entwickeln.
Ein zweiter Aspekt war der Wunsch mit einem Frauenteam an einem digitalen Spiel zu arbeiten, um sich gegenseitig zu stärken und neue Netzwerke zu bilden.
Was kann man genau erleben?
Als Spieler*in setzt man sich an einen Tisch voller geheimnisvoller Objekte – ein rosa Telefon, ein Blasebalg-Buch, eine quietschende Wurstsemmel, ein vielköpfiges Plüschtier und andere Knöpfe, die man betätigen kann. Jeder dieser Gegenstände ist ein selbstgebauter Controller, der Websites manipulieren kann. Man kann nun auf einem Monitor eine Website auswählen, die man nicht mehr erträgt, sie mit einem unserer Controller bearbeiten und wird unterschiedliche Ergebnisse erhalten. Websites werden durch selbstlernende Algorithmen in Plüschtiere verwandelt, weggeblasen, neue Texte werden eingeschleust, es entstehen Klangkompositionen oder man kann Websites aufessen.
Welche Reaktionen erhaltet ihr?
Es ist für viele Leute sehr befreiend, sich auf humorvolle Weise mit dem Thema Hate Speech auseinandersetzen zu können. Der Witz und die überraschenden Effekte verblüffen die Leute und schaffen eine Brücke über ein sehr beklemmendes und ernstes Thema ins Gespräch zu kommen.
Ihr arbeitet in Österreich und Deutschland. Nehmt ihr Unterschiede wahr bzgl. Hate Speech?
Die Erfahrungen sind in beiden Ländern so wie auch anderswo sehr ähnlich.
Der Hass im Netz ist ja inzwischen ein sehr organisiertes Phänomen. Es ist erstaunlich, wie sich weltweit Muster und Strategien von Trollen, Hatern und rechten Gruppierungen, die Hass gezielt als politisches Instrument einsetzen, ähneln.
Welche Perspektive auf Hate Speech sollten wir haben?
Es ist wichtig, dass es nicht eine einzige Perspektive gibt, sondern viele unterschiedliche
Ansätze, sich diesem Phänomen zu nähern.
Es braucht einen ganz groß angelegten gesellschaftlichen Diskurs darüber, wie wir wollen, dass Menschen im digitalen Raum miteinander umgehen.
Es gibt dabei verschiedene Perspektiven, die relevant sind zu betrachten: Psychologische Aspekte, Fragen nach der Art wie unsere Technologien funktionieren, politische Fragen nach dem Einsatz von Hass als manipulatives Mittel etc. In einem Kunstwerk finden wir es spannend, auf mehrere dieser Ebenen reagieren zu können.
Uns war es zum Beispiel wichtig nicht nur ein rein digitales Kunstwerk zu schaffen, sondern auch Hardware zu manipulieren und uns so die Frage zu stellen, wie bereits unsere Eingabegeräte unsere Emotionen steuern können. Auf diese Weise sind wir zur Idee der Anti-Hass-Controller gekommen.
Ihr seid eine Frauengruppe. Interessiert euch v.a. der Hass, der von Männern ausgeht?
Für uns war es in der Arbeit wichtig, als ein Team von Frauen Ideen zu entwickeln und zu sehen, wohin uns unsere Erfahrungen und unsere Diskussionen führen.
Hass gegen Frauen, wie wir ihn vor allem auch in der Gaming-Szene erlebt haben, war der Grund
dafür, eine weibliche Team-Zusammensetzung zu wählen als bewusstes Gegenmodell zu vielen reinen Männer-Teams, wie man sie im Computerspiel-Bereich vorfindet.
In der Umsetzung haben bei uns dann übrigens auch Männer mitgearbeitet.
Wie seid ihr damals auf den NETTZ Förderwettbewerb aufmerksam geworden?
Wir sind über Internetrecherche auf den Förderwettbewerb gestoßen und waren gleich begeistert!
Wie ist es euch nach dem Förderwettbewerb gegangen? Habt ihr das Projekt weiter entwickelt?
Auf jeden Fall! Der Förderwettbewerb hat es ja erst ermöglicht, dass wir konkret an die Arbeit gehen und verschiedene Ideen zu einer konkreten Umsetzung bringen. Wir haben verschiedene Tools entwickelt, die auf unterschiedliche Art Emotionen und Zugangsweisen, mit Hate Speech fertig zu werden, aufgreifen. In der Zwischenzeit haben verschiedene Überarbeitungsphasen und Erweiterungen stattgefunden. Jede Präsentation bringt neue Ideen.
Ihr habt Tools of Subversion auf der republica 2018 präsentiert, wo kann man euch als nächstes sehen?
Wir haben jetzt gerade zum ersten Mal Tools of Subversion in unserer Heimatstadt Salzburg gezeigt und zwar im Rahmen eines Kabarettfestivals, das das Motto „Spass mit Hass“ hatte. Das war ein sehr passender Rahmen.
Sucht ihr aktuell nach Unterstützung?
Wir finden es toll, wenn sich möglichst viele Präsentationen des Projekts ergeben.
Hanna Gleiß
(sie/ihr) Co-Gründerin / Co-Geschäftsführerin